Eine Datenoffenbarung für die Physiotherapiebranche

Wichtige Unternehmensentscheidungen hängen entscheidend von einer solide verankerten Datenbasis ab. In der Physiotherapiebranche blieben diese Daten lange Zeit im Dunkeln verborgen. Doch nun kommen die Physiotherapiepraxen in den Genuss einer erstmaligen Eckdatenstudie, die in Zusammenarbeit zwischen ETL ADVISION, einer Steuerberatung, und dem Verlag für Prävention & Gesundheit GmbH erstellt wurde.

Der deutsche Fitnessmarkt ist da schon einen Schritt voraus: In seinem Auftrag führen der Arbeitgeberverband DSSV, Beratungsunternehmen und Hochschulen seit vielen Jahren statistische Erhebungen durch. Diese haben sich als unschätzbare Informations- und Planungsquellen für die gesamte Branche etabliert und fungieren als repräsentatives Aushängeschild gegenüber politischen Entscheidungsträgern, Kreditinstituten und Medien.

Quantitative Unbekannte: Die Mysterien der Physiotherapiepraxen

Die Physiotherapiebranche stand bisher im Daten-Niemandsland. Die vorliegende Eckdatenstudie schafft nun endlich Licht ins Dunkel und liefert eine breite Zustandsbeschreibung der deutschen Physiotherapieeinrichtungen für das Jahr 2023.

Eine präzise Anzahl der Praxen bleibt jedoch eine verschlossene Schatztruhe. Im Jahr 2011 sprach der Branchenbrief der VR-Bank von 27.000 Praxen, während andere Schätzungen für das Jahr 2017 von 38.000 Praxen ausgingen. Offensichtlich fegte ein Gründungssturm durch die 2010er-Jahre. Laut dem GKV-Spitzenverband und der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) gab es zum Stand vom 30.04.2022 40.113 bzw. 49.405 zugelassene Praxen. Der Großteil dieser Praxen – 82,7% – wird als Einzelunternehmen geführt.

Die Physiotherapie-Besatzung: Statistische Einblicke

Wenn es um das Geschlecht der Physiotherapeuten geht, sind die weiblichen Kollegen mit 73,2% klar in der Überzahl. Die männlichen Kollegen machen nur 26,8% aus. Jede Praxis beschäftigt durchschnittlich 5,6 Personen, und das durchschnittliche Brutto-Monatsgehalt liegt bei 2.606 €.

Es ist interessant zu sehen, dass die Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtigen Physiotherapeuten im Jahr 2021 bei rund 166.000 lag, ein Zuwachs von 34.700 Beschäftigten oder 26,4% gegenüber dem Jahr 2012. Wenn man die geringfügig Beschäftigten hinzuzählt, ergibt sich eine beeindruckende Gesamtzahl von über 200.000 aktiven Physiotherapeuten in Deutschland.

Fischzug nach Fachkräften: Anforderungen und Strategien

Das Finden qualifizierter Mitarbeiter stellt sich als eine herkulische Aufgabe für die Praxen dar. Mit der Fähigkeit, Netzwerke zu knüpfen und online zu fischen, nutzen 51,4% der Praxen Online-Stellenmärkte, während 47,6% weiterhin auf Printmedien setzen. Nicht zu unterschätzen ist die Macht des „Mundpropaganda“-Effekts, dem 32% der Praxen vertrauen, während das Jobcenter für weitere 32% eine verlässliche Quelle ist.

Social Media hingegen scheint ein unerforschtes Gebiet zu sein, das noch viel Potenzial für die Personalgewinnung birgt. Nur 18,4% nutzen Facebook als Rekrutierungskanal.

Digitaler Taktgeber: Software und Telematik in der Praxis

Das Herzstück jeder modernen Praxis ist heutzutage die Software, die ihren Betrieb antreibt. Im Fall der Physiotherapiepraxen führt Theorg mit einem Anteil von 23,3 % die Liste der am häufigsten verwendeten Softwarelösungen an, dicht gefolgt von Optica Viva (12,5 %) und Thera Plus (8,7 %). Auffallend ist jedoch, dass trotz des zunehmenden Digitalisierungsdrucks immer noch 18,8 % der Praxen keine Software verwenden.

Ein zukünftiges Muss für alle Praxen wird die Telematikinfrastruktur sein. Dennoch zeigt die Studie, dass 41,2 % der Befragten noch keinen Einblick in die ab 2026 geltenden Anforderungen an die Telematikinfrastruktur gewonnen haben. Weitere 30,4 % sind bereits informiert, zögern aber noch, ihre Praxen entsprechend auszustatten. Nur eine Minderheit von 7,2 % plant, ihr Unternehmen bis 2024 an die Telematikinfrastruktur anzuschließen.

Die Zahlen jonglieren: Praxisführung, Abrechnung und Zukunftsaussichten

Für die täglichen Geschäftsvorgänge, insbesondere für die Abrechnung, verlassen sich über 70 % der Praxen auf einen Dienstleister, während 28,6 % der Praxen die Abrechnung selbst in die Hand nehmen. Bei den Dienstleistern hat Optica mit 23,8 % die Nase vorn, gefolgt von Noventi (18,8 %) und opta data (9,0 %).

Die regelmäßige Erhebung dieser Daten in der Zukunft und deren kontinuierliche Verbreiterung kann sich als mächtiges Werkzeug erweisen, um weitreichende Entscheidungen in der Physiotherapiebranche zu treffen.

Eine Momentaufnahme: Die gegenwärtige Physiotherapie-Landschaft in Zahlen

Ein Einblick in weitere Studienergebnisse offenbart folgende Fakten: Etwa 8,6 % der Praxen werden von einer einzelnen Person betrieben, während zwei Drittel der Praxen zwischen drei und zehn Mitarbeiter haben. Jede Physiotherapiepraxis hat durchschnittlich eine Gesamtfläche von 152,4 m² und ist im Schnitt an 4,9 Tagen in der Woche für 47,8 Stunden geöffnet.

Die überwiegende Mehrheit der Praxisräume wird gemietet, im Durchschnitt zu einem Preis von 8,63 € pro Quadratmeter Kaltmiete. Zwei Drittel der Praxen verfügen über einen eigenen Selbstzahlerbereich und der durchschnittliche Jahresumsatz pro Praxis liegt bei 241.844 €.

Trotz der Herausforderungen bewerten 46 % der Praxisinhaber ihre aktuelle wirtschaftliche Lage als sehr gut, was eine insgesamt positive Stimmung in der Branche widerspiegelt. Insgesamt wurden im Jahr 2022 rund 445 Millionen Euro investiert, während für 2023 Investitionen in Höhe von 500 Millionen Euro geplant sind.

Diese Studie dient als wichtiges Sprungbrett für zukünftige Entwicklungen und Entscheidungen in der Physiotherapiebranche und zeigt, wie wertvoll solche datengetriebenen Erkenntnisse für die Praxen, Investoren und Stakeholder sind.

Hier können Sie die Eckdatenstudie zur Physiotherapie 2023 herunterladen.

 

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