Einleitung: Die 20-Minuten-Falle – und was Praxen dagegen tun können

In vielen Physiotherapiepraxen läuft der Alltag getaktet im 20-Minuten-Rhythmus: Patient rein, Behandlung, Dokumentation, nächster Termin. Doch dieser Takt lässt wenig Raum für langfristige Betreuung, persönliche Gespräche oder nachhaltige Therapieentwicklung. Viele Patient:innen verschwinden nach wenigen Verordnungen wieder – obwohl sie von einem fortlaufenden Angebot, z. B. Rehasport, Funktionstraining oder Präventionskursen, deutlich profitieren würden.

Gleichzeitig stehen viele Praxen unter wirtschaftlichem Druck: Die Vergütung durch gesetzliche Krankenkassen bleibt hinter dem realen Aufwand zurück, steigende Kosten fordern neue Einnahmequellen. Genau hier liegt die Chance. Zusatzangebote wie Rehasport, Gesundheitssport oder funktionelles Kleingruppentraining verbinden medizinischen Anspruch mit wirtschaftlicher Stabilität – und machen Ihre Praxis gleichzeitig zu einem Ort, an dem Patient:innen gerne bleiben.

Warum Patientenbindung heute mehr ist als nur gute Behandlung

Patient:innen wollen mehr als nur „Behandlung“

Immer mehr Menschen suchen nicht nur kurzfristige Schmerzlinderung, sondern eine dauerhafte Begleitung. Besonders chronisch Erkrankte oder ältere Patient:innen wünschen sich einen „Ort zum Bleiben“, an dem sie langfristig etwas für ihre Gesundheit tun können – in vertrauter Atmosphäre, unter fachlicher Anleitung.

Praxistipp: Machen Sie transparent, dass es über die Therapie hinaus weitere Möglichkeiten gibt, in Bewegung zu bleiben – zum Beispiel Rehasport, Präventionskurse oder betreutes Training. Viele Patient:innen kennen diese Optionen gar nicht.

Wiederkehrende Kontakte erhöhen Vertrauen

Je öfter Patient:innen mit Ihrem Team in Kontakt bleiben, desto stärker ist die emotionale Bindung – und desto wahrscheinlicher ist, dass sie Sie weiterempfehlen oder zusätzliche Angebote wahrnehmen.

Praxistipp: Nutzen Sie Abschlusstermine nach Rezeptende gezielt, um über Folgeangebote zu informieren – z. B. „Wie geht’s weiter?“‑Beratung mit Trainingsplan, Beratungsgespräch oder Einladung zu einem kostenfreien Probetermin im Rehasport.

Rehasport als Bindungselement – medizinisch sinnvoll, wirtschaftlich stabil

Was ist Rehasport genau?

Rehabilitationssport ist ein Gruppentraining, das von Ärzt:innen verordnet wird und auf § 64 SGB IX basiert. Die Gruppen umfassen bis zu 15 Personen und finden 1–2 Mal wöchentlich statt. Ziel ist die Verbesserung von Beweglichkeit, Koordination, Kraft und Ausdauer – dauerhaft oder im Anschluss an eine Therapie.

Vorteile für die Praxis:

  • Planbare Gruppentermine
  • Erhöhte Aufenthaltsdauer von Patient:innen (bis zu 50 Einheiten)
  • Höhere wirtschaftliche Stabilität bei gleichzeitig großem medizinischem Nutzen
  • Bindung durch konstantes Erleben von Fortschritt in der Gruppe

Organisationsaufwand lohnt sich

Natürlich erfordert die Durchführung von Rehasport zunächst organisatorische Vorbereitung: Lizenz erwerben, Gruppen organisieren, Abrechnung strukturieren. Doch Praxen, die diesen Schritt gehen, berichten häufig von einer besseren wirtschaftlichen Grundlage und zufriedeneren Patient:innen.

Praxistipp: Kooperieren Sie mit einem erfahrenen Anbieter für Rehasport-Organisation oder binden Sie eine:n erfahrene:n Mitarbeiter:in ein, die/der sich auf diesen Bereich spezialisiert.

Funktionstraining & Gesundheitssport – Alternativen für Selbstzahler und Prävention

Nicht jede:r Patient:in hat eine Verordnung – oder möchte nach Abschluss weiter in Bewegung bleiben. Hier kommen Selbstzahlerangebote ins Spiel, z. B.:

  • Funktionstraining mit physiotherapeutischer Begleitung
  • Rückenschule oder Präventionskurse nach § 20 SGB V
  • Kleingruppentraining (z. B. mit Schlingentrainer, Faszienrolle oder funktionellen Geräten)
  • Medizinisches Fitnesstraining unter Aufsicht

Diese Angebote ermöglichen es, gesundheitsbewusste Patient:innen langfristig zu betreuen – und gleichzeitig zusätzliche Einnahmen zu generieren, die nicht an starre Kassenvergütung gekoppelt sind.

Praxistipp: Bieten Sie Einstiegsmöglichkeiten wie ein kostenfreies Probetraining, ein Beratungsgespräch oder einen Schnupperkurs an. So senken Sie Hemmschwellen und motivieren zur Teilnahme.

Erfolgsfaktoren für eine gelungene Umsetzung

Raum & Struktur schaffen

Viele denken bei Zusatzangeboten an große Trainingsflächen – doch oft reichen schon 20–30 m², eine übersichtliche Ausstattung (z. B. Matten, Therabänder, Hanteln) und klare Kurszeiten. Entscheidend ist die Organisation.

Team intern schulen

Ihr gesamtes Team sollte über Zusatzangebote Bescheid wissen – nicht nur die Kursleitung. Nur wenn alle dieselbe Sprache sprechen, entstehen überzeugende Empfehlungen im Patientenkontakt.

Kommunikation ist alles

Kommunizieren Sie Zusatzangebote aktiv:

  • in der Praxis (Flyer, Bildschirm, Aushang)
  • im Gespräch („Haben Sie schon vom Rückenkurs gehört?“)
  • online (Website, Social Media, Newsletter)

Praxistipp: Erzählen Sie Erfolgsgeschichten: „Frau M. war nach dem Rehasport endlich wieder schmerzfrei im Garten“ – emotional, authentisch, überzeugend.

Fazit: Zusatzangebote sind kein Luxus – sondern Zukunft

Rehasport, Funktionstraining und gesundheitsorientierte Gruppenangebote sind weit mehr als „nettes Beiwerk“. Sie sind die Antwort auf gleich mehrere Herausforderungen in der Physiotherapie: steigende Patientenzahlen, wirtschaftlicher Druck, wachsender Wunsch nach langfristiger Gesundheitsbegleitung.

Wer heute strategisch denkt, schafft Strukturen, die Patient:innen nachhaltig helfen – und gleichzeitig die eigene Praxis wirtschaftlich entlasten. Der Schlüssel liegt in der Verbindung von medizinischem Anspruch, persönlicher Betreuung und smartem Angebotsbau. Und genau darin liegt die Zukunft der Physiotherapie.

 

Auch interessant: